
Harley Roadtrip an der Westküste — 4. Teil
Die letzten Tage liegen nun vor uns. Nach der Planung ging es von Los Angeles bis zum Grand Canyon und dann vom Zion Canyon National Park ins Death Valley! Begleite uns an unseren letzten Tagen auf der 4000 Kilometer langen Strecke entlang der Westküste der USA auf unserem Harley Roadtrip!

8. Tag: Flugannulierung & Sequioa & Kings Canyon National Park
Nachdem Aufwachen checken wir als erstes den Status unseres Rückfluges. Unser Rückflug ist mit annulliert markiert, was jetzt? Ich kontaktiere meine Mama und Schwester in Deutschland, damit die beiden sich mit Lufthansa in Verbindung setzen können, um nähere Informationen zu bekommen. Wir versuchen, die Gedanken daran, weit wegzuschieben und schwingen uns auf die Harley.
Heute geht’s zum Sequoia & Kings Canyon National Park. Ein weiteres großes Highlight auf meiner Roadtrip-Liste, für das ich allerdings auch wieder meine Ski-Unterwäsche rauskrame! 1,5 Stunden fahren wir durch unspektakuläre Ortschaften, vorbei an Feldern voller Oliven‑, Orangen‑, Mandelbäume und vielem mehr. Die Luft riecht wie parfümiert von all diesen intensiven Düften. Vor den Toren des Sequoia National Parks durchfahren wir Three Rivers und die Landschaft wird in ein saftiges Grün eingetaucht. Zu beiden Seiten türmen sich nun wieder Berglandschaft mit unterschiedlichen und teils tropischen Pflanzen, die mich mehr beeindrucken als Christian.
Von Nebel und noch mehr Nebel
Im Sequoia National Park gibt es zwar kurvenreiche Straßen, allerdings sind sie nass und ab und zu tröpfelt es auch ein wenig, daher gibt es heute nichts mit Fußrasten schleifen lassen- zum Glück! Ich genieße bei der gemütlichen Fahrt die Flora und Fauna des National Parks, bis wir langsam aber sicher die Berge hinauffahren und die Nebelwand sich verdichtet. Jetzt können wir kaum noch etwas sehen und somit folgen wir mit ca. 10 mph den Straßenumrissen. Nach einigen Kilometern machen wir Halt, ich ziehe mir den Regenanzug an und checke den weiteren Verlauf der Strecke. Umdrehen und eine andere Strecke fahren, macht jetzt allerdings keinen Sinn mehr, dafür sind wir zu tief im National Park. Also geht es weiter in Schrittgeschwindigkeit und ohne Sicht, durch die feuchte Nebelwand.

Die traumhaft schöne Natur können wir durch die bescheidenen Wetterverhältnisse leider nur erahnen. Bekannt ist der Nationalpark vor allem durch den Giant Forest mit den riesigen Mammutbäumen, die wir durch die Nebelwand nur teilweise sehen können. Die National Park Straße führt uns immer höher, bis auf über 2.500 Meter und dort wird es für uns so richtig kalt: Wir sind durch den feuchten Nebel leicht durchnässt, was bei einer Temperatur von 0°C nicht sehr optimal ist.
Der Sequoia und Kings Canyon National Park gehen schleichend ineinander über, doch leider änderte sich auch hier die Wetterlage nicht: Nebel, Nebel, Nebel. Zeit, dass wir hier rauskommen!

Nach guten 2,5 Stunden Fahrt durch die Nationalparks geht es wieder bergab und wir steuern die Stadt Fresno an. In Fresno starten wir einen kurzen Facetime Anruf nach Deutschland, um zu erfahren ob es Neuigkeiten gibt. Von meiner Mama erhalten wir die Info, dass wir die Möglichkeit haben um zu buchen, Direktflüge gibt es nur noch von Chicago und Washington D.C., daher sind von Los Angeles nur noch Flüge mit Zwischenstopp möglich. Wir könnten aber auch früher zurück zu fliegen. Meine Mama gibt uns noch die Zeiten der Rückflugmöglichkeiten durch und wir grübeln, was wir machen wollen.
Nach diesen Neuigkeiten entscheiden wir uns noch am selben Tag das 250 Kilometer entfernte Monterey, am Highway No. 1 an zu fahren, um möglichst schnell in Los Angeles sein zu können, je nachdem, wie wir uns entscheiden.
Der Weg querfeldein Richtung Küste ist unspektakulär und nicht besonders hervor zu heben bis wir durch einen Ort fahren, der meinen Geruchssinn erhellte. Durch den Ort ziehen sich zahlreiche Felder mit einem Gewächs, das ich nicht zuordnen kann und einem Geruch der unglaublich lecker ist und Hunger in meinem Magen hervorruft. Irgendwann entdecke ich dann ein Schild mit dem Schriftzug ‚Gilroy‘ mit einer Knoblauchknolle. Jetzt fällt es mir auch auf: Das ist Knoblauch! Während einer kurzen Recherche im Internet unterwegs, lerne ich, dass Gilroy als Welthauptstadt des Knoblauchs bezeichnet wird. Hätten Christian und ich das als Knoblauchliebhaber doch gut vorher gewusst, dann hätten wir die Übernachtung nicht in Monterey, sondern in Gilroy geplant. Aber die Nacht in Monterey war gebucht und schließlich mussten wir in diesem Moment weiterdenken.
Angekommen im Fischerort Monterey beziehen wir unser Hotel, erhalten sogar ein Upgrade und durchforsten Tripadvisor nach einem guten Restaurant für den Abend. Nach dem Abendessen spazieren wir zurück zum Hotel mit kurzem Stopp im Supermarkt, um Wasser zu kaufen und fallen auf die gemütlichen Betten, um sofort ein zu schlafen.
9. Tag: Auf dem Highway No. 1
Gleich um 5 Uhr in der Früh beratschlagen wir uns nochmals, was wir nun tun wollen. Belassen wir den Rückflugtag oder treten wir die Rückreise früher an? Schnell beschließen wir, dass wir die Reise frühzeitiger abbrechen werden – Aber wie viel früher? 3 Tage! Was heißt, dass wir nur noch eine weitere Nacht für unseren Harley Davidson Roadtrip haben, was aufgrund der aktuell recht regnerischen Wetterlage und ‑vorhersage sowieso passend war. Meine Familie leitet Zuhause alles in die Wege und wir machen uns auf den Weg nach Los Angeles. Der Plan ist, dass wir den Highway No. 1 nach Los Angeles fahren, die Harley Davidson früher abgeben, den letzten Tag einen Mietwagen buchen, um am nächsten Tag gegen Abend zurück nach Deutschland zu fliegen.
Ich buche noch schnell das Hotel und Mietwagen in Los Angeles für die letzte Nacht und los geht‘s. Durch die charakteristische Kleinstadt Carmel-by-the-Sea fahren Christian und ich entlang der Pazifikküste mit steil hinabstürzenden Felswänden und satt grün bewachsener Hügellandschaft. Entlang des bekannten Küstenstreifens Big Sur fahren wir durch bei Regen in den Julia Peiffer Burns State Park und stoppen am McWay Wasserfall, der einen kurzen Spaziergang vom Parkplatz nahe dem Highway liegt. Die Besonderheit an diesem Wasserfall? Er befindet sich in einer schönen Bucht (die nicht betreten werden darf) und stürzt direkt ins Meer. Ein unglaublicher Anblick und ein tolles Fotomotiv!

Nachdem wir auf den McWay Wasserfall von meiner Liste gestrichen haben, steht für den neuen Routenverlauf nur noch der Elephants Seals Vista Point auf meiner To Do Liste. Die Weinregion Paso Robles und ein Ausflug auf die vorgelagerten Inseln der Channel Islands bei Santa Barbara passen leider nicht mehr in unseren Zeitplan. Kurz vor San Simeon sehe ich dann das Schild zu den Seeelefanten und flippe kurz aus, weil ich mich so sehr auf diese kuscheligen Moppelchen freue. Und da liegen sie stinkefaul in den Sand eingegraben. Wow. Ich kann gar nicht genug von dem Anblick der weltgrößten Robben kriegen! Danach rufe ich nochmal in Deutschland an: Unsere Flüge sind umgebucht und die Tickets haben wir schon zugeschickt bekommen. Beruhigt, dass alles geklärt ist und wir einen Weg zurück in die Heimat haben, steige ich wieder auf den Rücksitz des Motorrads hinter Christian und wir fahren weiter nach Los Angeles.
Kurz vor der Stadt der Stars und Sternchen erwischt uns noch ein kurzer aber heftiger Regenschauer. Wir trudeln pünktlich um 16 Uhr an der EagleRider Station ein. Unsere Klamotten packen wir aus den Seitentaschen zurück in unsere Handgepäcks-Trolleys und warten auf das Durchchecken unsers Wegbegleiters. Der Mitarbeiter staunt nicht schlecht über unsere ca. 4155 zurückgelegten Kilometer in der kurzen Zeit, checkt die Maschine durch, bestätigt uns die Rückgabe und bestellt und ein Taxi. Von der Mietwagenstation starten wir als vorletzte Tagesstation zum Santa Monica Pier. Wir unternehmen einen kleinen Spaziergang über den Pier und machen uns zu unserem Hotel im Süden von Los Angeles. Auf dem Weg legen wir einen kurzen Essenstopp ein, bevor unsere vorerst letzte Nacht anbricht.
10. Tag: Erfolgloses Shopping 2.0 & Heimreise
Bevor wir heute frühzeitig zurückfliegen habe ich noch zwei Wünsche: Zum einen will ich in einen Supermarkt um Reeses (Erdnussbutter Cups ummantelt mit Schokolade). Zum anderen muss ich Sour Patches (saure Gummibärchen) kaufen. Der zweite Wunsch ist ein weiterer Stopp in einer Mall, da ich nach wie vor heiß auf meinen obligatorischen Levis Jeans Kauf bin.
An diesem Tag wird uns die Entwicklung des Coronavirus wirklich bewusst. Frühstück war nicht mehr im Frühstücksraum erlaubt, also gab es nur Tüten mit einer Zusammenstellung an Snacks. Im TV gibt es egal auf welchem Kanal nur noch ein Thema. Auf den Highways und Interstates sprangen uns elektronische Tafeln in die Augen mit Aufschriften wie man sich verhalten solle und im Supermarkt waren Regalwände komplett leer gefegt. Auch im Outlet hatten schon viele Läden als Sicherheitsmaßnahme geschlossen. Gott sei Dank standen meine heißgeliebten Süßigkeiten nicht auf die Einkaufsliste der Hamsterer, also schnappe ich mir 4 Packungen Reeses und 6 Packungen Sour Patches — sicher ist sicher!
Next Stop: Desert Hills Premium Outlet. Angekommen in dem Outlet nahe Palm Springs stürme ich sofort den Levis Shop und scannte die Jeanswände nach Hosen mit meiner Länge. Doch wieder erfolglos. Auch in diesem Levis Laden gibt meine Größe nicht, das kann doch nicht sein! Wir laufen noch durch die restlichen Gassen des schön angelegten Outlets, und dann geht es zurück zu unserem Mietwagen und weiter Richtung Los Angeles International Airport.
The world is your burrito.
Auf unserem Weg halten wir noch bei der Fastfoodkette Chipotle, ein mexikanisches Fastfood Restaurant, indem du dir deinen Tacco oder Burrito selbst zusammenstellen kannst. Unsere letzte Mahlzeit an der Westküste. Aufgrund des Coronavirus und der Berichte im TV von überfüllten Flughäfen sind wir 4 Stunden vor Abflug am Flughafen und werden von wenigen Menschenmassen und kurzen Wartezeiten überrascht. Um die Zeit tot zu schlagen lassen wir den Harley Davidson Roadtrip Revue passieren und starten mit der Planung unseres nächstes Trips, bis es Zeit wird zu boarden.

Tschüss USA, Tschüss Westküste! Wir sehen uns hoffentlich bald wieder, damit wir alles nachholen können, was wir verpasst haben. Und ich hoffentlich Levis Jeans in 34er Länge finde!


