
6.666 km für ein Kamel — 1. Teil
Die Allgäu-Orient-Rallye — der Roadtrip meines Lebens!
Ja, ich habe es getan. 6.666 km mit einer 22 Jahre alten Karre. Von Oberstaufen im beschaulichem Allgäu bis ans Tote Meer in Jordanien. Warum man so etwas macht? Ganz einfach: weil es verdammt viel Spass macht! In den nächsten Wochen möchte ich dir mehr von der Allgäu-Orient-Rallye erzählen, ein einzigartiges Abenteuer!

Der Gewinner der Allgäu-Orient-Rallye erhält ein Kamel. Ein echtes. So ein Vieh ist locker 2,5 Meter hoch und 500 kg schwer. Was man damit anfängt? Das erzähle ich dir später. Vorher erfährst du etwas über die Idee hinter dieser sehr speziellen Rallye, über unsere zahlreichen Abenteuer und die vielen besonderen Momente während diesem Young- und Oldtimer-Roadtrip. Und ja, du erfährst auch, ob wir das Kamel gewonnen haben.
Aber eins nach dem anderen. Im Sommer 2012 nutzte ich eine Mittagspause für einen Tankstopp, bei dem ich mich wie immer auch mit den neusten Oldtimer-Zeitschriften eindeckte. Unter anderem schnappte ich mir die aktuellste Ausgabe der Zeitschrift “Youngtimer”. Auf dem Titel wird die Allgäu-Orient-Rallye — kurz AOR — als letztes echtes automobiles Abenteuer angeteasert. Zurück im Büro konnte ich meine Neugierde nicht zügeln und las sofort den Artikel. Wow… wie geil ist das denn? Das Rallye-Fieber hatte mich gepackt.
Noch am gleichen Abend berichtete ich meinen besten Freunden von der “Orient”-Rallye und das Feuer sprang sofort über. Es gab nur ein Problem: es war August 2012 und die nächste Möglichkeit zur Anmeldung bestand erst zum 07.07.2013 um 3:33 Uhr. Der nächstmögliche Start wäre somit erst im Mai 2014. Egal! Vorfreude ist bekanntlich die beste Freude!
In den nächsten Monaten bestimmte nur ein einziges Thema unsere gemeinsamen Abende und obwohl wir noch gar nicht die Gewissheit besaßen, tatsächlich einen begehrten Startplatz zu ergattern, schmiedeten wir fleißig Pläne.
Und wir studierten die abgefahrenen Regeln. Hier die Wichtigsten:
- gefahren wird mit Fahrzeugen, die mindestens 20 Jahre alt sind
- der Wert des Fahrzeugs darf Euro 1.111,- nicht übersteigen
- ein Team besteht aus 6 Fahrern und 3 Fahrzeugen
- verboten sind: Autobahnen, Navigations-Systeme und Fähren
- wer nicht im Zelt oder Auto übernachtet, darf im Schnitt maximal Euro 11,- pro Person und Nacht für die Unterkunft ausgeben
- gewertet werden Teams, die mit mindestens einem Fahrzeug ins Ziel in Jordanien kommen
- neben dem Erreichen des Ziels wird das Roadbook und die darin enthaltenen Aufgaben bewertet

Als Erstes — noch vor der Anmeldung — wurde das Team zusammengestellt. Das war noch easy. Jetzt wurde es schwieriger: wir mussten irgendwie unseren Frauen erklären, dass wir dann bald mal für 3 bis 4 Wochen weg wären. Um mit schrottreifen Kisten über Landstraßen nach Jordanien zu fahren… um ein Kamel zu gewinnen…
07.07.2013, 3:33 Uhr — die Anmeldung. Ja genau — mitten in der Nacht. Die Hälfte unserer Truppe machte einfach durch und erschien nicht mehr ganz nüchtern, der andere Teil unterbrach ihren Schlaf. Wirklich motiviert war keiner. Dann um 3.32 Uhr — eine Minute vor dem Start des offiziellen Anmeldezeitpunkt — passierte folgendes: Nichts… Der Server der AOR-Organisation brach zusammen und war stundenlang nicht mehr zu erreichen. Der Ansturm war anscheinend irre groß. Gegen 11:oo Uhr konnten wir uns dann endlich anmelden. Aber vergeblich. Wir waren das 132igste Team und es gab nur 111 Startplätze. Mist… Aber zumindest waren wir auf der Warteliste und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
In den nächsten Tagen kletterte unsere Wartelisten-Position von 132 auf 125, dann auf 117 und schließlich auf 112, um dort einige Tage zu verweilen. Dann kam der große Moment… Endlich ergatterten wir als “Team 84 — Hachenburg Frischlinge” den heißersehnten Startplatz!

Als nächstes stand die Wahl des Fahrzeugs auf dem Plan. Die wichtigsten Kriterien waren: Zuverlässigkeit, günstiger Preis und viel Platz für Fahrer und Gepäck. Mercedes T‑Model und 5er BMW schieden früh aus, da das Starterfeld davon nur so zu wimmeln schien und wir doch etwas Besonderes fahren wollten. Volvo? Ja, warum eigentlich nicht. Der 850er sollte es dann sein. Ordentlich Platz und zudem saumäßig zuverlässig. Und die Ersatzteilbeschaffung unterwegs sollte auch ok sein, da Volvo — insbesondere im LKW-Bereich — weltweit agiert.

Unseren Fuhrpark ersteigerten wir bei Ebay für jeweils weniger als € 1.000,-. Echt tolle Kisten, die wir im Laufe der nächsten Monate für das Abenteuer vorbereiteten. Im Vordergrund stand dabei natürlich die Haltbarkeit (neue Kupplungen, Unterbodenschutz und Vieles mehr), aber auch Funktionalität (zum Beispiel die riesen Dachboxen) und Optik (neue Frischlings-grüne Lackierung) kamen nicht zu kurz.

Schnell waren wir uns auch sicher, dass wir unsere Tour mit einem Charity-Projekt verbinden wollten. Konkret suchten wir uns den Kinderschutzbund Hachenburg, die Reiner Meutsch Stiftung Fly&Help sowie das SOS Kinderdorf in Bethlehem aus. Für diese Organisationen sammelten wir vor, während und nach der Rallye Spenden im Wert von über € 30.000,-. Das SOS Kinderdorf in Bethlehem besuchten wir sogar während unserer Tour, um dort viele Sachspenden zu übergeben und einen unvergesslichen Tag zu verbringen. Dazu später mehr.

Im Winter 2013/14 verbrachten wir die Wochenenden oftmals in der Werkstatt und die Abende mit der Vorbereitung auf unseren Roadtrip nach Jordanien. Die Zeit verflog und schon bald war der Starttag — der 02.05.2014 — zum Greifen nah.

Die Rallye-Organisation informierte uns nun regelmäßig per E‑Mail über den aktuellen Stand der Planung. Aufgrund der Syrien-Krise ergaben sich tatsächlich viele Änderungen unmittelbar vor dem Start. Da es zu gefährlich war, Syrien auf dem Landweg zu durchqueren wurde eine Fähre gechartert, die den Rallye-Tross von der Türkei nach Israel befördern sollte. Egal.. Hauptsache es geht bald los.

Zum Abschied hatte unser Hauptsponsor — die Hachenburger Westerwald Brauerei — ein kleines Farewell-Event für unsere Familien und Freunde organisiert und wir staunten nicht schlecht, als sich dort mehr als 150 zum Abschied nehmen einfanden. Auch einige Zeitungen und ein TV-Team nutzte die Gelegenheit. Mit so viel Interesse hatten wir gar nicht gerechnet. Und das Interesse an unserer Tour sollte noch weiter steigen.

Man wünschte uns viel Glück, übergab uns noch so einiges an Proviant und dann war der Augenblick gekommen: Gentlemen, Start your engines! Los geht’s!

Die drei grünen Volvo setzen sich endlich in Bewegung und das große Abenteuer konnte beginnen. An diesem Tag hatten wir allerdings nicht die geringste Vorstellung, was uns alles in den nächsten knapp 4 Wochen bevorstehen sollte.

Mit welchen Herausforderungen wir bereits auf der Überlandfahrt nach Istanbul zu kämpfen hatten und welche tollen Eindrücke uns auf der Fahrt durch Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Bulgarien erwarteten berichte ich euch im nächsten Beitrag zur Allgäu-Orient-Rallye. Stay tuned!



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